Kultur mit Kind und Rollstuhl – Schnawwl

Wir waren am Wochenende in Mannheim. In der alten Feuerwache gibt es es das Schnawwl. Das Schnawwl ist ein Teil des Jungen Nationaltheaters in Mannheim. Natürlich möchte ich mit Junior auch Konzerte oder Theatervorführungen besuchen. leider ist das nicht immer so einfach. Denn es sind wirklich nicht alle Theaterräume – bei uns ind er Gegend – barriefrei.

 

Ich verstehe das gar nicht. Denn ganz gleich ob junge Menschen z.B. im Rollstuhl, ältere menschen mit Stock oder Rollator oder junge Familien mit Kinderwagen. Es wäre doch so schön, wenn wir alle, ohne Barrieren Kultur erleben könnten.

 

Im Schnawwl war das kein Problem. Ich nehme euch einfach ein wenig mit durch unseren Abend.

Mit einem großen Fahrstuhl geht es nach oben.

In einem geräumigen Aufenthaltsraum, der liebevoll mit vielen kleinen Einzelheiten gestaltet ist, warten wir darauf, dass die Vorstellung startet.

Ohne eine einzige Stufe kommen wir in den großen Saal.

Dort beginnt er.

Der Tanz der Trommel

Man darf während der Vorstellung nicht filmen oder fotografieren. Aus diesem Grund sind die Bilder hier von der Seite des Nationalstheaters.

 

Der Raum wird dunkel. In der Mitte steht eine Wand aus verschieden großen Holzkisten. Sie trennt den Spielraum in zwei eigene Welten. Die Zuschauer sitzen auf beiden Längsseiten. Ich siezte einfach mit meinem eigenen Stuhl am Ende dieser Reihe.
Vor uns auf der Tanzfläche liegt eine Frau. Sie hat zwei rote Füße. Diese bewegen sie. Es wirkt als kann die Frau die Füße nicht kontrollieren. Ihre Füße beginnen zu tanzen. Dazwischen hört man immer wieder ein paar Geräusche – das muss die andere Seite sein. Die Tänzerin tanzt zunächst klassisches Ballett und man spürt wie sie den Raum mit ihrem Körper wahrnimmt.
Sie erkundet ihn und spricht mit Füßen, Beinen, Po, Rücken, Armen, Kopf und Händen.

Die ersten Steinen der Wand beginnen sich zu bewegen und ein Mann mit roten Händen erscheint. Die Tänzerin mit den roten Füßen ist auf der anderen Seite. Die roten Hände leiten den Mann. Es wird ziemlich schnell deutlich, dass er mit seinen Händen Klänge sucht. Seine Welt ist Takt, Rhythmus und Musik. Sein Instrument sind seine Hände. Er schnippt, klopft, klappert, trommelt und entdeckt immer weiter.

Nach und nach wird aus der Wand der Holzkisten, einzelne Kisten. Sie werden zu Musikinstrumenten und zu kleinen Bühnen. Die Welten der beiden Protagonisten verschwimmen zu einer. Zunächst nehmen sich dich beiden aber kaum wahr. Als sie sich sehen, versuchen sich beide sich in ihren jeweiligen Sprache mitzuteilen.
Wie können sich diese zwei verstehen? Die Tänzerin tanzt und veränderst dabei auch ihre Bewegungen, aus dem klassischen Ballett wird immer mehr ein Ausdruckstanz. Gefühle werden durch Bewegungen sichtbar. Der Mann mit den roten Händen, drückt sich durch sein Trommeln aus. Auch das verändert sich.
Die beiden nehmen langsam und vorsichtig Kontakt zueinander auf. Zum Beispiel nutzt er, ihren Körper als Instrument und trommelt einzelnen Körperteile ab, jedes Körperteil klingt anders. (Junior musste das natürlich gleich ausprobieren)
Doch das ganze endet im Streit. Hier kann man die Kraft den Ausdruck sehen und spüren.

 

Nach dem Streit kommt die Versöhnung.

Wie diese gelingt? Der Blick über den eigenen Tellerrand und versucht die Sprache des anderen zu verstehen. Man baut sie, bei sich selbst, mit ein.Die beiden Akteure versuchen sich in den Bewegungen des andern. Und dann kann man entdecken, dass Bewegung auch Töne erzeugt und Trommeln auch Bewegung ist.

 

Bis zu diesem Punkt erzählen die beiden eine Geschichte ohne Worte. Gleichzeitig ist die Geschichte so voller Sprachen. Es ist eine Geschichte des Entdeckens, des Fühlens, des aktiv Seins, den Kennenlernens. Vom mutig sein und vom zurückstecken. Und es ist eine Geschichte voller Gefühl, Menschlichkeit, der Begegnung miteinander, der Akzeptanz und des Gemeinsamseins. Wir können alle voneinander lernen, wenn wir miteinander sind und nicht gegeneinander. Und das alles, auf wunderbar leichte und künstlerische Art – ohne moralischen Zeigefinger – den Kindern – ohne ein Wort – erklärt. Mit einem Lachen.

 

Mich persönlich haben die Abschlussszenen sehr berührt.

Denn als die beiden sich gegenseitig akzeptieren und sich mögen, kommt vom Tonband, jeweils eine persönliche Sequenz der Darsteller. Dazu werden Bilder von ihnen als Kindern gezeigt. Es wird erklärt, dass beide in schwierigen Situationen, ihre Sprache gefunden haben, um sich auszudrücken und in ihrer, nicht einfachen Welt zurechtzukommen. Die Botschaft ist integrativ – Musik und Tanz sind international und von allen Menschen wahrnehmbar. Musik und Tanz kann Grenzen überwinden. Vertraut auf euch und vertraut Musik und Tanz. Sie spricht vom „Glück und Ausdrucksmöglichkeiten, in einem fremden Land, indem sie die Sprache nicht kannte“. Er meint: „Musik ist eine Verbindung zu anderen. Es ist meine wilde Freiheit und mein innerer Friede.“

Ich fühle mich nicht in der Lage, das Gesehene und Bestaunte mit meinen Worten, so wiederzugeben, dass ihr euch das vorstellen könnt. Aber auf Youtube habe ich einen kleinen Ausschnitt gefunden.

 

 

Und das ganze ohne Hindernisse für Menschen mit Einschränkungen. Ja, bitte mehr davon.

 

Eure

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1 Kommentar

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