Jugendherberge und Rollstuhl – unser Besuch in Gunzenhausen

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Besuch einer Jugendherberge und dann noch im Rollstuhl?

Ich verrate euch etwas. Dieses Elternsein macht Sachen mit mir, von denen ich niemals gedacht hätte, dass sie möglich sind. So machten wir einen Kurzaufenthalt in der Jugendherberge nach Gunzenhausen. 2 Kinder, ein Papa und eine Mama mit Rollstuhl.

Wir hatten das Glück, dass die CVJM Jugendherberge in Gunzenhausen 2 rollstuhlgerechte Zimmer im Erdgeschoss hat und Platz für uns frei hatte. Direkt hinter dem Eingangsbereich, der ohne eine einzelne Stufe befahrbar ist, sehe ich eine Treppe und muss schlucken. Denn einen Fahrstuhl gibt es nicht. Doch das Januarwunder beruhigt mich und sagt: „Mama, is kenn den Weg schon, der nette Mann hat ihn mir vorhin gezeigt.“ Das Januarwunder öffnet links eine Tür und wir kommen in eine kleine Seitennische. Dort wird die Bettwäsche für die Besucher gelagert und es befinden sich drei Zimmer darin.

Das erste Zimmer vorne hat ein eigenes Bad, die beiden hinteren Zimmer liegen sich gegenüber und sind beide rollstuhlgerecht. Zwischen ihnen ist ein ebenerdiges, geräumiges Badezimmer mit einer ebenerdigen Dusche mit Duschsitz zum ein – und aushängen, eine Toilette mit 2 Haltegriffen und einem unter fahrbaren Waschbecken. Die Zimmer sind einfach gehalten, mit jeweils 2 Einzel – Boxspringbetten, die durch Rollen im Raum verschoben werden können. Ein Tisch, 2 Stühle und ein Hocker bilden eine kleine Sitzecke. Eine Schrank, ein unterfahrbares Waschbecken und Wandspiegel runden den Raum ab. Dieser hat übrigens wunderschöne Sprossenfenster und ganz tiefe Fensterbänke. Ich mag das so sehr. Ein Zimmer hat die Fenster zur Straße, das andere zum Innenhof. Rote Vorhänge runden das ganze ab. Diese werden auch zum verdunkeln genutzt. Im Winter hat das super geklappt, ob es im Sommer dadurch auch richtig dunkel wird, weiß ich nicht.

Ein kleiner Einblick ins Zimmer

Wir haben uns gemütlich eingerichtet und schauen uns danach ein wenig um. Einen langen Flur entlang finden sich mehrere Essräume, ein großer Speisesaal und die Küche in die man hineinschauen kann. Ein kleiner Flur der links aus dem Speisesaal führt, zeigt einem den Weg zum Wasserspender und ins Treppenhaus. Von hier aus kommt man hoch in die anderen Räume oder in einen Spielraum im Keller mit Tischkicker und Tischtennisplatte. Als Rollstuhlfahrerin komme ich da allerdings nicht hin. Dafür durch eine Tür in den Innenhof. Dort ist bei schönem Wetter ebenfalls eine Bestuhlung vorhanden und auch Platz zum spielen für die Kinder. Zum Haupthaus führt nun eine Tür mit 3 Stufen wieder zurück oder für Menschen wie mich, geht es einfach 100 Meter ums Haus herum zum Haupteingang.

Ein Blick in den Innenhof


Im Innenhof hatten wir ein schönes Treffen mit den anderen Hausgästen und ich habe mir gewünscht hier mit einem Kaffee und einem guten Buch zu sitzen. Aber ich habe ja noch Kinder dabei und möchte auch noch etwas erleben. Vom Innenhof aus, kommt man in den Fahrradabstellraum, Platz genug für Räder, Handbikers, Kinderwagen usw. allerdings passen Kinderfahrradanhänger nicht durch die Tür.

Direkt hinter dem Haus ist eine Wiese und dort fließt die Altmühl durch. Hier führt auch der bekannte Altmühltalradweg vorbei. Fußgänger können direkt neben der Jugendherberge die Stufen hintergehen, ich habe die Straße einmal überqueren müssen und konnte dann über den Radweg fahren.

Was für Radfahrer gut ist, kann für Rollstühle nicht schlecht sein

Der Ausblick vom Weg auf die Jugendherberge

Biegt man nicht rechts ab, sondern nach links erreicht man nach ein paar Metern schon die Historische Altstadt. Wir waren ja zur Weihnachtszeit dort und es funkelt und glitzert wirklich überall. In die meisten Geschäfte kam ich auch mit dem Rollstuhl, einige hatten auch extra Klingeln für Kinderwagen oder Rollstühle angebracht.


Ein Glockenspiel eine Stadtführung mit der Nachtwächterin, bummeln, kleine schöne Häuser bestaunen all das ist möglich. Ich habe mich wirklich sehr wohl gefühlt und bin mir sicher, dass wir Rollstuhlnutzende hier von dem Angebot für die Radfahrer profitieren können.
In den Sommermonaten soll die Stadt ziemlich voll mit Radfahrern sein und alles in dem Gebiet ist darauf ausgelegt. Das bedeutet für uns, wir kommen überall hin.

 

Ca. 2 km entfernt liegt der Altmühlsee, zu dem auch direkt hinter der Jugendherberge ein Weg führt. Dort gibt es eine Surfstation, ein Erlebnisspielplatz, Schiffsfahrten und eine Vogelinsel. Im Winter hat jetzt nicht alles geöffnet, doch das störte uns überhaupt nicht. Ich kam einfach überall mit hin, ohne große Vorbereitung.

Entweder man geht den Weg an der Wiese entlang oder man fährt außenherum und kommt dann zum Altmühlsee

Mein Mann machte eine Führung: Limes…. diese war nicht barrierefrei, doch das stand auf der Ausschreibung explizit mit darauf: ACHTUNG: Für Kinderwagen und Rollstuhl leider nicht geeignet. DAS ist großartig. Nicht, dass ich die Zugänglichkeit erfragen muss, sondern, dass ich darauf hingewiesen werde, wenn ich es nicht nutzen kann. Die Führung im Wald von Gunzenhausen soll übrigens sehr schön gewesen sein. Einen Hinweis auf den Limes findet man aber auch in der Stadt. 

Im Haus der Jugendherberge CVJM haben sich kleine Gruppen gebildet und die Kinder hatten schnell Anschluss gefunden. Es gab kein spezielles Familienprogramm oder ähnliches, aber sie hatten Kinder zum spielen und zum kennen lernen. Was den Jungs fehlte, war ein Spielplatz in unmittelbarer Nähe. Die Wiese war leider matschig sonst hätte man dort bestimmt auch gut spielen können. Aber so viel Zeit war gar nicht, denn wir waren nur kurz da. Dazwischen haben wir noch einiges erlebt und erkundet und dann gab es auch schon wieder Essen. Wir hatten Halbpension und zum Frühstück gab es Kaffee, Milch, Tee, Semmeln, Brezeln, Aufschnitt, frisches Obst, etwas Süßes und abgepackte Bio-  Ware. Zunächst dachte ich, wie schade dass alles einzeln verpackt ist. Doch gerade bei Streichwurst oder veganen Aufstrichen war das sehr sinnvoll, da so einfach länger haltbar ist und dadurch dann doch weniger weggeworfen werden muss. Bio – Milch, Butter, Joghurt standen zudem jeden Morgen bereit. Zum Abendessen gab es ein Salatbuffet, frisch gekochtes Essen (vegetarische Option und Glutenfrei) und einen Nachtisch.

Die Zertifizierung für Reisen für alle lief gerade zu der Zeit und das Schriftstück steht noch aus. – ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es kommen wird. Zudem ist die Jugendherberge Gunzenhausen auch eine zertifizierte Familien-Jugendherberge, eine von über 100 für Familien besonders geeigneten Jugendherbergen in Deutschland (bei insgesamt über 500 Häusern). Wenn auch ihr hier her kommen wollt, ganz egal ob als Rollstuhlfahrer oder Familie oder beides, dann beeilt euch. In den Sommermonaten ist sie schon fast ausgebucht,aber ich verspreche euch, auch in der Zeit von Oktober – März gibt es hier einiges zu entdecken und zu erleben. Ich bin froh, dass dieses Eltern sein mit mir manchmal Dinge macht, von denen ich nie dachte, dass sie möglich seien. Denn der Besuch in der Jugendherberge war sicherlich nicht unser letzter. Ganz egal ob mit oder ohne Kinder.

 

Noch mehr Eindrücke von dem Silvester – Special, das wir hatten, findet ihr auf wheelymum.

3 Kommentare

  1. Malik

    Danke, dass du auch das wieder mit uns teilst. Ich war schon ganz begeistert von den Fotos vom Wochenende in Bildern.

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  2. Sarah

    Ich freue mich immer, wenn wir als Familie durch deinen Blog neue Impulse bekommen. Bayern ist von uns im Norden jetzt ziemlich weit weg. Aber vielleicht finden wir auch hier bei uns in der Nähe eine Jugendherberge für eine kleine Auszeit. Auf diese Idee, wäre ich vorher nie gekommen. Viele Grüße und danke noch mal

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  3. Alex

    Du wächst mit einem Beitrag Erinnerungen. Den Radweg haben wir als Jugendlicher einmal mit einer Jugend Freizeit gemacht. Vielleicht mache ich das mal mit meinen Kindern

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